Ein Haus aus Müll – kann es das geben?

Ein Haus aus Müll – kann es das geben?

  • Posted by nemetzag
  • On 23. Februar 2021
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Die Verwendung von recycelten bzw. wiederverwertbaren Materialien hat im Hausbau schon lange Einzug gehalten. Laut österreichischem Baustoff-Recycling-Verband besteht ein durchschnittliches Haus in Österreich zu 96 Prozent aus mineralischen und somit wiederverwendbaren Baustoffen. Einen radikalen Schritt weiter geht die Earthship-Bewegung aus den USA.

Was ist ein Earthship?

Bereits in den 1970er-Jahren entwickelte der US-amerikanische Architekt Michael Reynolds das Konzept der Earthships. Dabei handelt es sich um Gebäude, die größtenteils ausschließlich aus natürlichen und recycelten Baustoffen bestehen. Außerdem zeichnen sie sich dadurch aus, dass sie nur durch passive solare Wärmegewinnung und die Speicherung dieser mittels Masse geheizt werden. Gekühlt werden sie durch natürliche Luftzirkulation.

Als besonders charakteristisch gilt die Verarbeitung von Zivilisationsabfällen. So sind die Nord-, Ost- und Westwände so gut wie immer aus gebrauchten Autoreifen aufgebaut. Diese werden, Ziegelsteinen nicht unähnlich, aufgeschichtet und mit Erde gefüllt. Die daraus entstehende Wand wird gleichzeitig als tragender Bauteil und thermischer Speicher genutzt. Die Südfassade ist meist komplett verglast. So kommt es zu solarer Wärmegewinnung und ein klassisches Heizsystem wird nicht benötigt.

Earthships ermöglichen auch eine autarke Wasserversorgung. Auf den Dachflächen wird Regenwasser gesammelt und anschließend in Zisternen gespeichert. Es wird gefiltert und dient als Trink- oder Spülwasser. In weiterer Folge werden die Pflanzenbeete im Gebäude damit gewässert, und das Wasser dadurch gesäubert. Danach kann es zur Toilettenspülung verwendet werden und wird zu guter Letzt über eine Klärgrube wieder in ein Pflanzenbeet – das sich im Freien befindet – geleitet.

Earthships in Europa

Soweit die Praxis in den USA und anderen Ländern, in denen Earthships bereits errichtet wurden. In Österreich sieht die Situation etwas anders aus. So darf beispielsweise Regenwasser nicht als Trinkwasser genutzt werden, sehr wohl aber für die Verwendung in der Toilette und Waschmaschine herangezogen oder als Gießwasser gebraucht werden. Außerdem ist ein Neubau ohne Anschluss an das Kanalnetz nicht zulässig.

Dies sind wohl Mitgründe dafür, dass in Österreich noch kein Bau eines Earthships stattfand. Auch ist nicht restlos geklärt, ob und wie sich das Konzept auf das vorherrschende Klima in Nord- und Mitteleuropa übertragen lässt. Besonders Tauwasser stellt eine technische Herausforderung dar. Ein gutes Beispiel dafür, dass es trotzdem funktionieren kann, ist die Realisierung eines Earthships im Ökodorf Tempelhof im deutschen Baden-Württemberg. Seit 2016 steht dort Deutschlands erstes Earthship, dessen Bau von der Universität Stuttgart wissenschaftlich begleitet wurde.

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